Filmtagebuch
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Harakiri - Seppukku (J 1963, M. Kobayashi)

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Beitrag von Admin So Sep 01, 2019 10:49 am

gesehen am: 27.08.2006 und 19.10.2009 (DVD), 5/5

Sterben ritualisiert in einem voluntaristischen Akt. Der Westen versucht die Unvorstellbarkeit des Todes zu bannen in Bildern, die Frucht und Schrecken auslösen und die oft einer Vergewaltigung der Augen gleichkommen. Zu Beginn des Kinos war man besessen von der Vorstellung, die neue technische Erfindung habe die ganze Realität in ein Schattenreich verwandelt, während die Geister der Toten wieder Gestalt annahmen und ins Leben zurückkehrten. Die Ikonografie des Todes, hat der französische Forscher Ariès festgestellt, wandelte sich, die Geschichte hindurch, entsprechend den gesellschaftlichen Kräften, die den Ton angaben: die Kirche im Mittelalter, die Justiz bis zum 16. Jahrhundert und danach dann die Medizin.

Japan im 17. Jahrhundert, einer Phase des Friedens, in der tausende Samurai zu herrenlosen Ronin werden und sich mehr schlecht als recht über Wasser halten. Für manche ist Harakiri, der traditionelle Selbstmord, der einzige Weg zu einem ehrenvollen Tod. So taucht eines Tages auch Hanshiro (Tatsuya Nakadai) beim Klan der Iyi auf und bittet um die Gewährung von Harakiri. Doch in Wirklichkeit ist er auf Rache aus, Rache für seinen Schwiegersohn Motome (Akira Ishihama) und dessen Familie. Motomes Geschichte wird in der ersten Hälfte des Films in vielen langen Flashbacks erzählt. Wie er ins Haus Iyi kam, um Harakiri bittend aber auf eine milde Gabe hoffend. Wie das stolze Samuraigeschlecht an ihm, dem Verarmten, Wehrlosen ein Exempel statuierte und ihn zu einem grausamen Selbstmord mit einem Bambusschwert zwang. Dann wechselt der Fokus zu Hanshiro, dem Niedergang seiner Familie und dem Kampf gegen die Armut, die Motome schließlich zu seiner Verzweiflungstat zwang. Aus Hanshiros Erzählung wird nun eine Anklage der aus Anlass seines Harakiri versammelten Granden des Hauses Iyi, mit dessen Vertreter Saito (Rentaro Mikuni) er sich regelrechte Rededuelle liefert. In einer weiteren Reihe von Flashbacks schildert Hanshiro seine ersten Schritte zur Rache, bevor schließlich genug der Worte gewechselt sind und er seine Rache mit dem Schwert vollendet.

Kobayashi braucht seinen verlorenen Helden, um die sinnentleerten Ehrgefühle und überholten Konventionen zu entblößen; manche Szenen sind bewusst ins Zeremonielle gesteigert, um die Empörung über das Systems noch zu steigern. In seinen Tableaus staffelt Kobayashi die Figuren in die Tiefe, soweit, dass man häufig nicht sehen kann, wer gerade Dialog spricht. Ungewohntes Sehen und Hören. Die Anordnung der Figuren im Raum ist die Illustration des Dialogs, der Intentionen. Der gewaltsame Showdown ist in seiner hysterischen Verzweiflung beinahe unwirklich.
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